Gedenkkonzert von Adam Bałdych zum 80. Jahrestag des ersten Transportes von NS-Gegnern aus Polen ins KZ Dachau, 15.09.19, KZ-Gedenkstätte Dachau
Titel: „Hier in Dachau höre ich unsere Melodien … Ich vergaß den elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun“ - Adam Kozłowiecki
Bereits zwei Wochen nach dem deutschen Überfall auf Polen traf am 16. September 1939 der erste Transport mit 25 Männern im KZ Dachau ein. Bis April 1945 verschleppten die Nationalsozialisten mehr als 40.700 polnische Häftlinge nach Dachau, fast 10.000 von ihnen wurden wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt, etwa 1800 als christliche Geistliche unterschiedlicher Konfessionen. Im Lager stellten die Polen die größte nationale Gruppe. Etwa 8400 Männer und Frauen aus Polen wurden im Dachauer KZ-System ermordet.
Doch selbst am Ort des Terrors fanden polnische Häftlinge Mittel und Wege zur Selbstbehauptung. Zeitweise duldete die SS kulturelle Darbietungen. „Hier in Dachau höre ich unsere Melodien … Ich vergaß den elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun“ – so erinnerte sich Adam Kozłowiecki SJ an die Aufführung Ende August 1943 auf dem Appellplatz.
Das ist Polen, – das sind wir!
Edgar Kupfer-Koberwitz notierte in sein geheimes Tagebuch: „Für die Polen war das ein unendlicher Jubel. Nach so langer Zeit der Unterdrückung, da sie verachtet und moralisch angespuckt waren im Lager, … vor aller Welt zu zeigen: ‚Das ist Polen, – das sind wir!‘“ Dirigent war der damals vierunddreißigjährige Musiker Mieczysław Kulawik aus Myszków unweit von Kattowitz. Als Geigenvirtuose hat er mit seinem Spiel auch die Mithäftlinge im Krankenrevier getröstet. Nach fünf Jahren im KZ Dachau wurde er 1945 befreit und kehrte nach Kattowitz zurück.
Jahrzehnte später studierte an der dortigen Musikakademie auch Adam Bałdych, geboren 1986 in Gorzów Wielkopolski nahe der polnisch-deutschen Grenze. 2014 wurde er von den Lesern des Jazzforums zum „Geiger des Jahres“ gewählt, 2016 wurde ihm der Verdienstorden für polnische Kultur verliehen. Im März 2019 erschien seine neue CD „sacrum profanum“, auf der er Klassik und Jazz miteinander verbindet. Der international bekannte Künstler, der heute in dem Alter ist, in dem Mieczysław Kulawik im KZ Dachau war, kommt zum Gedenkkonzert erstmals nach Dachau. Er spielt Melodien, die im KZ Dachau Häftlinge ermutigt haben, und Werke von Szymon Laks* und anderen verfolgten polnischen Komponisten.
Hier schon ein kleiner Vorgeschmack:
Andrzej Osiak, Generalkonsul der Republik Polen in München, erinnert in seiner Begrüßung an den Beginn des Zweiten Weltkriegs und an den Verteidigungskrieg vor 80 Jahren.
Kirchenrat Dr. Björn Mensing und Pastoralreferent Ludwig Schmidinger, die Beauftragten der evangelischen und der katholischen Kirche für die Gedenkstättenarbeit in Dachau, gestalten gemeinsam mit Ernst Grube, Shoah-Überlebender und Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau und des Kuratoriums der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, das namentliche Gedenken für polnische Häftlinge mit unterschiedlichem Verfolgungshintergrund.
Als Ehrengäste kommen aus Polen Janina und Katarzyna Werner, Schwiegertochter und Enkeltochter von Bronisław Werner aus Nowe Miasto Lubawskie, der im KZ Dachau am 16. November 1941 im Alter von 42 Jahren ermordet wurde.
Zum Gedenkkonzert werden in der Versöhnungskirche biographische Banner aus der internationalen Wanderausstellung „Namen statt Nummern“ gezeigt.
*Laks wurde 1901 in Warschau geboren und wuchs in einer jüdischen Familie auf. 1941 wurde er in Paris verhaftet und 1942 ins KZ Auschwitz verschleppt, wo er Geiger und später Leiter des Männerorchesters war. 1944 kam er nach Sachsenhausen und von dort im November 1944 ins KZ Dachau (Außenlager Kaufering XI). Ende April 1945 wurde er befreit und kehrte nach Frankreich zurück.
Copyrights
Text: Die Veranstalter
- Evang. Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau
- Katholische Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau
- Generalkonsulat der Republik Polen in München
Foto: Julien Bryan - Jerzy Piorkowski (1957) Miasto Nieujarzmione, Warsaw: Iskry, pp. 14 no ISBN Julien Bryan (1959) Warsaw: 1939 Siege; 1959 Warsaw Revisited., Warsaw: Polonia Publishing House, p. 120 OCLC: 8990324. ASIN: B000O2AEBY United States Holocaust Memorial Museum, Photograph #50897 Instytut Pamięci Narodowej Julien Bryan (September 1959). Poland in 1939 and in 1959. Look magazine. Archived from the original on 2005-10-28.
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